Es sind diese beiläufigen Sätze, die uns immer wieder vor Augen halten, dass gewisse Lebensträume belächelt werden. Vor kurzem war ich bei einem Basketballspiel und plauderte während der Pause draußen mit der Frau eines Spielers. Sie erzählte von ihrer Familie, dass ihr Vater Musiker in Südafrika war und nach Deutschland immigrierte. „Und dann fragte ich neugierig: „Und hat er hier weiter Musik gemacht?“. Sie tat meine Frage gleich als überflüssig ab: „Nee, davon kann man ja nicht leben.“
Solche Sätze machen mich traurig. Ich mache dieser jungen Frau gar keinen Vorwurf. Sondern eher unserer Gesellschaft oder auch der Art, wie wir lernen, mit unseren Träumen umzugehen – und zwar sie oft völlig außer Acht zu lassen. Wir schätzen unsere Träume, unsere Leidenschaften nicht. Bekommen oftmals vermittelt, dass sich damit kein Geld verdienen lässt, dass das ein viel zu steiniger Weg ist etc.pp. Besser auf die wichtigeren Dinge im Leben konzentrieren ist die Devise. Ich denke mir dann oft: Na klar, man soll nicht in der Illusion leben, dass es ein Zuckerschlecken wird, wenn wir eine Leidenschaft zum Beruf machen wollen. Aber was ist mit Musikern oder Schauspielern, die heute große Nummern sind? Die haben auch mal klein angefangen. Und es gab sicherlich zig Leute, die sie davon abbringen wollten und nicht an sie geglaubt haben. Was wäre, wenn ein Jimi Hendrix auf halber Strecke aufgegeben hätte? Uns wäre seine geniale Musik entgangen, die Millionen von Menschen bis heute begeistert.

Weit weg von zu Hause: Die richtige Zeit um sich seiner Träume bewusst zu werden (Foto: Mätzke-Hodzic)
Wir verlernen das Brennen für eine Sache eigentlich schon ganz früh. Weil uns sogleich gespiegelt wird: Deine Träume sind nichts wert. Ach, du willst Tänzerin werden? Ein müdes Lächeln unseres Gegenübers, das bereits alles sagt. Als wäre für diese Profession kein Platz. Aber woran liegt es, dass wir so schlampig mit Träumen umgehen? Sie belächeln. Was sagt das über die Wertevorstellung einer Gesellschaft? Ich finde es etwas wertvolles Leidenschaften zu haben oder sie vielleicht gerade erst zu entdecken. Aber sie müssen auch gefördert und genutzt werden. Sonst liegen sie brach und verwesen früher oder später völlig ungenutzt. Und schließlich ist noch kein Genie vom Himmel gefallen. Aber wir tragen mit dazu bei, dass viele erst gar nicht beginnen, an sich zu glauben. Wer weiß, wie viele potenzielle Schriftsteller, Musiker und Schauspieler ihr Talent in den Wind schießen oder es schon getan haben. Die sich unter uns tummeln mit ihren verborgenen Leidenschaften und Talenten. Die mit ihrem Schaffen Menschen beglücken, begeistern und inspirieren könnten. Viele Menschen schätzen die Künste, aber jeder rät davon ab, Künstler zu werden. Komisch, oder?
Ich bewundere Menschen, die sich einen Lebenstraum erfüllen. Die dieses eine kleine Café eröffnet haben, deren Einrichtung als detaillierte Skizze schon immer in ihrem Kopf spukte. Die alles auf eine Karte setzen. No risk no fun. Nicht wahr? Sind diese Menschen am Ende nicht nur Traumtänzer und gibt es nicht genug Beispiele für gescheiterte Existenzen, die sich verschuldet haben, die sich mit ihrem Lebenstraum in den Ruin getrieben haben? Ja, vielleicht darf man bei aller Träumerei, die Realität nicht aus den Augen verlieren. Und vermutlich gehört auch immer eine gehörige Prise Glück dazu.
Ich bekomme oft zu hören, ich sei zu idealistisch. Aber wenn ich diesen Idealismus nicht an den Tag legen würde, wäre dieses Leben für mich ziemlich trist und unerträglich. Mein Idealismus gibt mir immer wieder aufs Neue Kraft, er verpasst mir einen Schubs und ich rapple mich von neuem auf. Er verdeutlicht mir immer wieder, was ich ändern will und womit ich mich nicht abfinden kann. Mein Idealismus hat mich schon weitgebracht. Deshalb versteht dies als Aufruf: Nehmt eure Träume ernst. Seid Traumtänzer, probiert euch aus, habt Ideale und schenkt dem nächsten dahergelaufenem Deppen, der eure Träume belächelt, erst gar keine Beachtung.
Vorschau: Nächste Woche erwartet euch hier wieder eine spannende Kolumne.